Meine erste Erinnerung fängt damit an, dass ich male. Meine Bilder brauchen viel Zeit. Ich beschäftige mich mit den Seelen. Ich suche mit meiner Darstellung des Äußeren das Innere. So ist ein umfangreiches malerisches Werk entstanden. 2019 habe ich der makellosen Ästhetik der Malerei vollständig entsagt und meine Konzentration auf Brüche und Diskontinuität gelegt.
In meinem Werkzyklus um die Kunstfigur „Silke Lehmann“ offenbaren sich Abgründe, Risse und unsauber gearbeitete Stellen, geflickte Brüche, eitrig anmutende Farbe und raue Schlieren auf den zarten Porzellankörpern. Banale und kitschige Gegenstände aus drei Jahrhunderten werden aneinander gefügt und haben in ihrer Zufälligkeit die Essenz der Interessenlosigkeit gemein. Es ist der Stilbruch als Stilprinzip, wie auch bereits der Bruch mit der Malerei eine gewollte Diskontinuität in meinem Werk darstellt. Die Frage nach der Konstitution von schönen Körpern ist auch immer die Frage des Verhältnisses zwischen Kunst und Natur. Kunst ist für mich das Licht, das an einem heißen Sommertag über der roten Dornenhecke flimmert und die kleinen Fliegen darüber sanft zu Pastell verwischt. „Was kümmert es die schöpferische Natur, wenn diese Masse Fleisch, die heute eine Frau ist, morgen in der Gestalt von tausend verschiedenen Insekten wiederkehrt? Wagst Du es denn zu behaupten, dass die Bildung von Individuen, wie wir es sind, mehr Mühe bereitet als die eines Wurms, und dass sie deswegen an uns ein größeres Interesse zeigen müsste.“ (Marquis de Sade) Meine Kunst zeigt weder das Elend der Menschheit noch das Leid der Welt. All die Grausamkeit, das Böse und das Menschsein verbergen sich hinter der Maske der Schönheit und täuschen uns über die Wirklichkeit hinweg. Schönheit ist keine objektive Eigenschaft der Dinge, sondern eine Art, wie uns gewisse Dinge erscheinen. Der Rückzug ins Private ist eine Reaktion meiner Kunstfigur „Silke Lehmann“ auf die Zumutungen dieser Welt. „Silke Lehmann“ ist das sprichwörtliche Missgeschick der Tugend und ich habe sie bewusst an die Romanfigur „Justine“ in Wesen und Antlitz angenähert. „Silke Lehmann“ erträgt fortwährend alle möglichen Erniedrigungen. Sie ist ein Opfer. Man bestiehlt sie, man schändet und man demütigt sie. Und doch bleibt mein Werk interessenlos. Es ist die Gleichgültigkeit der Schönheit gegenüber dem Glück. Denn Schönheit ist kein Versprechen auf Glück.
Teilnahme Luxembourg Art Prize 2020
„As if there was a tomorrow“ ist die Fotografie einer Installation inmitten eines kleinen Bachlaufes im Teutoburger Wald, die im Frühjahr 2020 inszeniert worden ist. Es ist eine Wiederholung der Vergangenheit. Ich orientiere mich hier am Mythos der Wasserleiche. Von der Ophelia bei Shakespeare und Millais bis hin zu der Unbekannten Toten aus der Seine, deren Maske verbunden mit einfachen Leinentüchern scheinbar zufällig im Nirgendwo treibt. Das Motiv bleibt unklar. Es ist nicht fassbar. Es ist nicht von Interesse.
„Eating Lifes – Die Menschenfresser“, unveröffentlichter Roman, 497 Seiten, 2018-2020.
„All beauty must die“, Skulptur, Porzellan, Ton, Keramik, Fließenkleber, Kreidefarbe, 2020.
„Der Menschenfresser – the man-eater“, Füllhorn aus Ton, 37x7 cm, Original von Valeria Bayew, Frischhaltefolie zugefügt, 2020.
„I´m not here - I´m just absent“, Installation, 2020.